heute und morgen
14.03.2024
28. Diagnostik-Symposium: Diagnostic Stewardship
Am 14. März 2024 fand in Vaduz das 28. Diagnostik-Symposium der Dr. Risch-Gruppe statt. Rund 150 Fachpersonen aus dem deutschsprachigen Raum nahmen an der Veranstaltung zum Thema «Diagnostic Stewardship» teil. Die Fachtagung steht unter dem Patronat der Liechtensteinischen Ärztekammer, dem Ärzteverein Werdenberg-Sarganserland sowie der Privaten Universität im Fürstentum Liechtenstein (UFL).
Auch in Zeiten fortschreitender medizinischer Innovation ist der verantwortungsvolle Einsatz diagnostischer Ressourcen von entscheidender Bedeutung. Die sogenannte «Diagnostic Stewardship» nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Die Diagnostic Stewardship hat zum Ziel, diagnostische Tests sinnvoll und effizient einzusetzen und zu einer Verbesserung der diagnostischen Aussagekraft von Tests beizutragen. Gleichzeitig werden durch eine gute Stewardship Ressourcen geschont. Am diesjährigen Symposium von Dr. Risch sprachen sieben erstklassige Referentinnen und Referenten über Fragestellungen aus dem klinischen Alltag und bewährte Praktiken im Bereich der Diagnostik.
Bei Lebererkrankungen ist der Labortest unverzichtbar
Aufgrund des starken Alkoholkonsums, der zunehmenden Alterung und des Anstiegs von metabolischen Risikofaktoren (Blutfette, Blutdruck, Blutzucker, Übergewicht) ist in den nächsten Jahrzehnten mit einem Anstieg der Sterblichkeit im Zusammenhang mit Fettlebererkrankungen zu rechnen. Prof. Peter Mirtschink vom Uniklinikum Dresden erläuterte in diesem Zusammenhang die unverzichtbare Rolle der Labormedizin. Einerseits können erhöhte Leberwerte in einer Routineuntersuchung gemessen werden, andererseits kommen jedoch auch Patientinnen und Patienten in die Arztpraxis, die bereits Symptome haben. Prof. Mirtschink betonte, dass eine Analyse nur dann sinnvoll ist, wenn daraus eine Diagnose sowie eine Behandlung abgeleitet werden kann.
Herzinfarkt durch Labortest erkennen
Schmerzen im Brustkorb (Thoraxschmerzen) können zahlreiche Ursachen haben, von harmlosen Entzündungen bis hin zum Herzinfarkt. Dr. Luca Koechlin vom Herzzentrum am Unispital Basel sprach über die Herzinfarktdiagnostik, bei der Labortestungen einen wichtigen Eckpfeiler bilden. Etwa 10% aller Spitalnotfälle betreffen Thoraxschmerzen. Da es sich potenziell um lebensbedrohliche Fälle handelt, ist eine rasche Diagnose elementar. Gerade im Bereich der medizinischen Labore wurden in den letzten Jahren sehr grosse Fortschritte erzielt. Innerhalb weniger Stunden liegen Resultate vor, aus denen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die weitere Behandlung ableiten oder Entwarnung geben.
Ständig müde – das Chronic Fatigue Syndrom
Dr. Kirsten Wittke, Oberärztin an der Berliner Charité, referierte über das Chronic Fatique Syndrom (fachlich Myalgische Enzephalomyelitis), eine komplexe chronische Erkrankung, die oft durch Infektionen ausgelöst wird. Neben der ständigen Müdigkeit ist eine Belastungsintoleranz ein charakteristisches Symptom. Dabei führen bereits alltägliche Tätigkeiten zu Erschöpfung und weiteren Symptomen. Die Diagnose lässt sich erstellen, wenn die Anzeichen mindestens sechs Monate anhalten, ohne dass Besserung eintritt. Dr. Wittke erläuterte das Vorgehen bei der Diagnostik. Dabei kommen sowohl Labor- als auch apparative Untersuchungen zum Einsatz, etwa zur Messung der Handkraft oder ein 10-minütiger Stehtest.
Anämien im Labor abklären
Dr. Jeroen Goede, Chefarzt Hämatologie am Kantonsspital Winterthur, sprach am Symposium über den Einsatz von Labortests zur Abklärung von Anämien (umgangssprachlich Blutarmut). Anhand von praktischen Beispielen zeigte er auf, wann eine Analyse sinnvoll und wie wichtig die Rolle der Ärztin oder des Arztes ist. Die Ursachen für Anämien können höchst unterschiedlich sein. Bei einer sich vegetarisch ernährenden 19-jährigen Frau ist die Ursache mit hoher Wahrscheinlichkeit eine andere als bei einem 75-jährigen pensionierten Metzger. Die Basisabklärung sowie der Kontext der Patientinnen und Patienten erlaubt es, in dreiviertel aller Fälle die Diagnose und Behandlung bereits in der Arztpraxis festzulegen. Bei den restlichen Fällen ist das Blutbild, und damit die Laborergebnisse, oft ausschlaggebend für Ursachenforschung und Behandlung.
Gerinnungshemmer stellen Labor vor Herausforderungen
Rund 1% der Weltbevölkerung nimmt Medikamente zur Verhinderung der Blutgerinnung (Blutverdünner oder auch Antikoagulantien). Damit sollen in der Regel Thrombenbildungen in venösen Gefässen oder im Herzen verhindert werden. Im medizinischen Alltag kommt es oft zu Situationen, in denen Laboranalysen sehr hilfreich und wertvoll sind. Dr. Brigitte Brand vom Kantonsspital Graubünden berichtete von diesen Fällen und über die Herausforderungen der Labore. Insbesondere vor Operationen, bei bedrohlichen Blutungen oder Patientinnen und Patienten mit extremem Körpergewicht sind Laboranalysen zur Vorbeugung von Blutgerinnungen von elementarer Bedeutung.
Asthma und Allergien: Quantensprung bei Diagnostik und Behandlung
Sie haben sich zu den häufigsten Zivilisationskrankheiten entwickelt und sind weiterhin auf dem Vormarsch, die Rede ist von Asthma und Allergien. Prof. Harald Renz von der Philipps Universität Marburg berichtete am Symposium über die Fortschritte bei Therapie und Diagnose. Hier wurde in den letzten zehn Jahren ein regelrechter Quantensprung vollbracht. Die Basis für die Diagnostik bildet die Identifizierung der krankheitsauslösenden Allergene, wobei die molekulare Allergiediagnostik eine entscheidende Rolle spielt. Dabei werden spezifische Antikörper im medizinischen Labor gemessen, wodurch jene Allergene gefunden werden, die eine entzündende Wirkung auf den Körper haben.